CoViD-19 und die digitale Hochschulbildung. Irritationen, Einsichten und Programmatiken

Herausgegeben von Markus Deimann, Marios Karapanos und Klaus Rummler

Bitte reichen Sie Ihr Abstract bis 30. November 2020 unter https://www.medienpaed.com/about/submissions ein. Dort finden sie auch Hinweise zur formalen Gestaltung.
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Thema

Die CoViD-19-Pandemie löste an den Hochschulen eine bisher einzigartige digitale Transformation aus. Mangelte es den bisherigen Digitalisierungsbemühungen – sowohl unter Lernenden als auch unter Lehrenden – häufig an Akzeptanz, waren digitales Lernen und Lehren im Sommersemester 2020 nahezu alternativlos. Um die Lehre zu sichern, mussten innerhalb kürzester Zeit Präsenzformate digital er- und übersetzt und neue Wege der Kommunikation und Zusammenarbeit gefunden werden. Nach einem ersten Praxisschock wurden Task-Forces eingerichtet, Software-Lizenzen eingekauft und Handreichungen für die digitale Lehre erstellt und verbreitet. Diese Krisenbewältigung lief «erstaunlich gut» – so ist es beispielsweise aus einer Podiumsdiskussion des Hochschulforum Digitalisierung und des Bayerischen Rundfunks zu vernehmen (vgl. auch Sommer 2020). Gleichzeitig wird aber auch auf die Gefahr hingewiesen, die Krisenintervention als Blaupause für digitale Hochschullehre oder gar als neue Normalität misszuverstehen. Vielmehr stellt sich die Frage, welche positiven Impulse von der ‹Zwangsdigitalisierung› für eine zukünftige Gestaltung der Hochschullehre ausgehen und wie die im Sommersemester 2020 gemachten Erfahrungen als Orientierungsrahmen dafür dienen können.

Mit dem Themenheft möchten wir Raum für Dialog und wissenschaftlichen Diskurs schaffen, um sowohl praktische als auch grundlegende Fragen der digitalen Lehre an Hochschulen zu diskutieren.

Aus einer medienpädagogischen Perspektive betrifft das beispielsweise die Annahmen von Lehrenden, Lernenden und anderer Bildungsakteure zur Wirkung digitaler Technologien und Medien (Kerres 2020). Die seit vielen Jahrzehnten implizit zu Grunde gelegte technikdeterministische Perspektive scheint durch CoViD-19 nochmals verstärkt worden zu sein. Vermehrt kommt es wieder zu einer einseitig geführten Diskussion, bei der die Digitalisierung der Lehre – so wie bereits frühere bildungstechnologische Innovationen angefangen beim Bildungsfernsehen bis zu Massive Open Online Courses – von einem Automatisierungs- und Ersetzungsnarrativ getragen wird (z.B. Straubhaar 2020). Da aber bislang keine bildungstechnologische Anwendung Studium und Lehre in dieser Art nachhaltig zu verändern vermochte, braucht es Auswege aus diesem zur Sackgasse gewordenen Diskurs.

Ein vielversprechender Ansatz liegt in der Überwindung alter Gegensätze (analog vs. digital) und der kritischen Prüfung von Konzepten wie E-Learning, in dem neue und alte Machtstrukturen aufgedeckt werden (Fawns 2018). Diese als «postdigital» bezeichnete Forschungsrichtung ist der kritischen Medienpädagogik aus dem deutschsprachigen Raum verwandt und bietet Potential für die theoretische und programmatische Weiterentwicklung medienpädagogischer Perspektiven.

Ferner kollidierte – schon weit vor der CoViD-19-Pandemie – der Wunsch nach mehr digitaler Hochschulbildung häufig mit Strukturen und der rechtlichen Verfasstheit der Organisation Hochschule. Zwar ist digitale Lehre grundsätzlich zulässig, eine Verpflichtung zu digitaler Lehre aber in der Regel nicht (Faller 2015). Es stellt sich die Frage, wie eine Rückkehr zum status quo ante abgewendet werden kann, wenn der faktische Zwang zu digitaler Lehre durch die Pandemie irgendwann entfällt. Neben Fragen der Anrechenbarkeit digitaler Lehre (Lungershausen, Emunds, und Buß 2016) sind deshalb auch wirksame Anreizstrukturen (Wannemacher 2007; vom Brocke u. a. 2010) zu diskutieren um digitale Lehre auch über die Pandemie hinaus als vorteilhafte Option für Lehrende gegenüber analoger Präsenzlehre zu erhalten.

Beiträge

Mit dem vorliegenden Aufruf laden wir ein, Positionen zu entwickeln, die:

  • theoretisch begründet, Einschätzungen zum aktuellen Digitalisierungsschub an Hochschulen geben,

  • konzeptionell darlegen, wie Hochschullehre digital weiterentwickelt werden kann und dabei auf fundierte Positionen der Pädagogik, Medienwissenschaft, Psychologie oder Soziologie zurückgreifen

  • empirisch fundiert (quantitativ oder qualitativ; Werkstattberichte) beschreiben, wie sich digitale Hochschullehre im Sommersemester 2020 darstellte und daraus Implikationen für die zukünftige Gestaltung der Hochschullehre ableiten

  • realistische Zukunftsvorstellungen jenseits naiver Technikeuphorie entwerfen, die als Ankerpunkte hochschuldidaktischer und bildungspolitischer Reformarbeit dienen können.

Wir laden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Bildungspraktikerinnen und -praktiker sowie Medienpädagoginnen und -pädagogen ein, Abstracts von bis zu 800 Wörtern bis 30 Nov 2020 in elektronischer Form einzureichen unter: https://www.medienpaed.com/about/submissions. Die Herausgeber benachrichtigen über die vorläufige Annahme des Beitrags bis 15 Dez 2020. Die Volltexte sind bis 28 Feb 2021 einzureichen und werden dann im double-blind peer-review begutachtet. Die Beiträge sind nach den Hinweisen zur Manuskripteingabe (http://www.medienpaed.com/about/submissions#authorGuidelines) zu verfassen.

Bei den eingereichten Artikeln in Deutsch oder Englisch muss es sich um Originalbeiträge beziehungsweise Erstveröffentlichungen handeln. Wissenschaftiche Beiträge sollten 40.000 Zeichen bzw. Essays sollten 25.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen, ohne Abstract und Literaturverzeichnis) umfassen. Ein Abstract von 150–200 Wörtern fasst die zentralen Aussagen und Ergebnisse kurz zusammen. Sowohl Titel wie Abstract des Beitrags müssen in deutscher und englischer Sprache vorliegen und zusammen mit dem Artikel eingereicht werden.

Einreichung

Via:
https://www.medienpaed.com/about/submissions

Deadline für Abstracts: 30 Nov 2020

Publikation:
Themenheft der Zeitschrift MedienPädagogik

Hinweis:
Bitte bereiten Sie Volltexte vor, um rechtzeitig nach Benachrichtigung einzureichen. Erwünscht sind folgende Formate:

  • wissenschaftliche Beiträge (max. 40.000 Zeichen inkl. Leerzeichen, ohne Abstract und Literaturverzeichnis)

  • Essays (max. 25.000 Zeichen inkl. Leerzeichen, ohne Abstract und Literaturverzeichnis)

Herausgeber Literatur

Faller, Markus. 2015. «Rechtsfragen zu digitalen Lehrformaten». 7. Hochschulforum Digitalisierung.

Fawns, Tim. 2018. «Postdigital Education in Design and Practice». Postdigital Science and Education, November. https://doi.org/10.1007/s42438-018-0021-8.

Kerres, Michael. 2020. «Bildung in der digitalen Welt: Über Wirkungsannahmen und die soziale Konstruktion des Digitalen». MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 17 (Jahrbuch Medienpädagogik): 1–32. https://doi.org/10.21240/mpaed/jb17/2020.04.24.X.

Lungershausen, Uta, Georg Emunds, und Imke Buß. 2016. «Anrechnung virtueller Lehre auf das Lehrdeputat.» Die neue Hochschule, Nr. 4: 102–5.

Sommer, Michael. 2020. «Eine respektable Notlösung. Ergebnisse einer Umfrage zum ‹Corona-Semester›». Forschung & Lehre, Nr. 8.

Straubhaar, Thomas. 2020. «Tausende Professoren, Stundenpläne und Hörsäle – das braucht keiner mehr.» DIE WELT, 20. Juli 2020. https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/bildung/article211886035/Digitales-Studium-Corona-erwirkt-das-Ende-der-Massenuniversitaet.html.

vom Brocke, Jan, Heinz Lothar Grob, Christian Buddendick, und Alexander Simons. 2010. «Anreizsysteme für die E-Learning-Integration: Entwicklung eines Vorgehensmodells für die leistungsorientierte Budgetierung an Hochschulen». In E-Learning 2010, hrsg. v. Michael H. Breitner, Franz Lehner, Jörg Staff, und Udo Winand, 31–45. Heidelberg: Physica-Verlag.

Wannemacher, Klaus. 2007. «Anreizsysteme zur Intensivierung von E-Teaching an Hochschulen». In DeLFI 2007: 5. e-Learning Fachtagung Informatik der Gesellschaft für Informatik e.V. (GI), hrsg. v. Christian Eibl, Johannes Magenheim, Sigrid Schubert, und Martin Wessner, 161–72. Bonn: Gesellschaft für Informatik e.V.