Schulentwicklungsprozesse für Bildung in der digitalen Welt – Akteurskonstellationen, Kommunikationswege und Kooperationsstrukturen

Herausgegeben von Marco Hasselkuß, Anna Heinemann, Manuela Endberg und Lisa Gageik

Bitte reichen Sie Abstracts bis zum 30. September 2021 unter https://www.medienpaed.com/about/submissions ein. Dort finden sie auch Hinweise zur formalen Gestaltung.

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Thema

Damit künftige Generationen befähigt werden können, gesellschaftliche Veränderungsprozesse – etwa durch die zunehmend digitalisierte Welt – zu verstehen, aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben und den Wandel mitzugestalten, gilt es, diese Prozesse in der schulischen Bildung aufzugreifen (KMK 2016). Mit dem Themenheft sollen Beiträge aus der Bildungsforschung und -praxis zusammengetragen werden, die das Themenfeld Schulentwicklungsprozesse im Kontext von Bildung in der digitalen Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten und die dafür notwendigen Akteurskonstellationen, Kommunikationswege und Kooperationsstrukturen in den Blick nehmen. Um wirksame Veränderungen auf unterrichtlicher und schulischer Ebene zu erzielen, sind nicht etwa «nur» technische Ausstattungsfragen zu bearbeiten, sondern vielmehr (einzelschulische) Entwicklungsprozesse (z.B. Rolff 2016) anzustossen. Dies betrifft das Zusammenspiel der Dimensionen der Unterrichts-, Organisations-, Personal-, Technik- und Kooperationsentwicklung (z.B. Eickelmann und Gerick 2017) ebenso wie das Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren auf der Input-, Prozess und Output-Ebene (z.B. Gräsel, Schledjewski, und Hartmann 2020). Dabei erscheint es zentral, die verschiedenen Akteurskonstellationen bei (digitalisierungsbezogenen) Schulentwicklungsprozessen (Schulleitung, Arbeits-/Steuergruppen, Medienbeauftragte, etc.) und bspw. die Rolle von Schulleitungshandeln, Kommunikationswegen und der Kooperationsstrukturen zu analysieren.

Die Verantwortung für die vielfältigen Prozesse der Schulentwicklung kann für eine Schule allein auch überfordernd sein. In Rede stehen somit auch verschiedene Formen von Netzwerken zwischen Schulen sowie die Zusammenarbeit von Bildungsakteuren über die Organisationsgrenzen hinweg, etwa als Kooperation verschiedener Bildungsorte (formal, non-formal und informell), mit Schuladministration, Bildungspolitik und/oder der (Bildungs-)Forschung. Ein Beispiel ist die Kommunikation zwischen Schulaufsichtsbehörden und Einzelschulen sowie deren veränderte Zuständigkeiten und Konstellationen zueinander (z.B. Dobbelstein et al. 2020). Auch das mögliche Zusammenspiel verschiedener Bildungsorte rückt in die Forschungsperspektive. Damit einzelschulische Entwicklungsprozesse unterstützt werden können, wird daher die Vernetzung von Schulen untereinander und mit weiteren Akteuren des Bildungssystems seit längerem in Deutschland und international als wichtige Strategie diskutiert und in entsprechenden Schulentwicklungsprojekten praktiziert, denn Netzwerke können den Transfer von Wissen und Handlungsstrategien sowie eine gemeinsame Lösungsentwicklung forcieren (z. B. Jungermann, Pfänder, und Berkemeyer 2018; Waffner und Kerres 2019). Die Zusammenarbeit zwischen Schulen sowie weiteren Akteuren kann auch etwa mithilfe des Konzepts der Professional-Learning-Networks betrachtet werden. Als entwicklungsorientierter Ansatz bieten neben Netzwerken auch sog. Research Learning Communities (Brown 2017) Raum zur Kooperation von Lehrkräften, Forschenden und weiteren Akteuren (z. B. Lehramtsstudierenden), um gemeinsam bspw. digitale, inklusive Lernarrangements zu entwickeln.

Neben Befragungsstudien kommen zur Untersuchung der Kooperation z. B. auch Methoden der Netzwerkanalyse infrage, um zu erforschen, welche personalen und schulorganisatorischen Faktoren Kooperation beeinflussen. Dabei verändert die Digitalisierung aber auch die Möglichkeiten zur Kooperation selbst, sodass Lehrkräftekooperation in einem Kontinuum mit oder ohne Digitalisierungsbezug sowie Kooperation unter Nutzung digitaler Kanäle oder ohne solche gedacht werden sollte (vgl. Drossel, Heldt, und Eickelmann 2020). Als theoretischer Ausgangspunkt zur Erfassung schulinterner sowie institutionenübergreifender Kooperation bzw. Transferarbeit wird häufig das Modell der Kooperationsformen von Lehrkräften (Austausch, Arbeitsteilung, Ko-Konstruktion) nach Gräsel, Fussangel und Pröbstel (2006) herangezogen. Dieses Modell wurde bspw. für die Lehrkräftekooperation in Zusammenhang mit dem schulischen Medieneinsatz empirisch erforscht (z. B. Eickelmann, Gerick, und Vennemann 2019). Lorenz, Endberg und Eickelmann (2018) konnten diesbezüglich feststellen, dass digitalisierungsbezogene kooperative Handlungen von Lehrpersonen (z. B. gemeinsame Unterrichtsvorbereitungen) einen signifikant positiven Effekt auf die unterrichtliche Förderung medienbezogener Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern aufweisen. Dies unterstreicht die etablierte Erkenntnis, dass Kooperation im Kontext von Schulentwicklung zur Förderung der Schulqualität als bedeutendes Prozessmerkmal gilt (Keller-Schneider und Albisser 2013) – auch hinsichtlich einer Bildung in der digitalen Welt.

Beiträge

Im Themenheft sollen Beiträge vereint werden, die schulentwicklungsbezogene Prozesse u. a. zur Kooperation in den Blick nehmen und dabei die Gestaltung von Schulbildung in der digitalisierten Welt in den Fokus rücken. Diese Entwicklungsprozesse können aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet werden, theoretischer oder empirischer Natur sein sowie praxisorientierte Sichtweisen einnehmen. Beiträge sollen Schulentwicklung im Zusammenspiel unterschiedlicher Akteurskonstellationen sowie deren Kommunikations- bzw. Kooperationsformen adressieren. Wir laden interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, sich mit einem Beitrag im Themenheft zu beteiligen.

Einreichung und Ablauf

Dieser Call lädt zu empirischen und theoretischen Beiträgen in einem zweistufigen Verfahren ein:

  • Abstracts möglicher Beiträge im Umfang bis max. 800 Wörtern (inkl. Literaturangaben) mit Angabe von fünf bis sechs Keywords. Die Abstracts durchlaufen ein editorial peer-review Verfahren. Einreichung bis 30. September 2021 via: https://www.medienpaed.com/about/submissions. Die Herausgeberinnen und Herausgeber benachrichtigen über die vorläufige Annahme des Beitrags bis 15. Oktober 2021.
  • Die Volltexte angenommener Abstracts sind bis zum 30. Januar 2021 einzureichen.
  • Im Anschluss werden die Volltexte u. a. durch die Autorinnen und Autoren der eingereichten Volltexte gegenseitig im double-blind peer-review Verfahren bis zum 15. März 2022 begutachtet.

Die Veröffentlichung des Themenheftes ist für Herbst 2022 geplant.

Bei den eingereichten Artikeln in Deutsch muss es sich um Originalbeiträge beziehungsweise Erstveröffentlichungen handeln. Wissenschaftliche Beiträge (Volltexte) sollten ungefähr 40.000 Zeichen (mit Leerzeichen, ohne Abstract und Literaturverzeichnis) umfassen. Ein Abstract von 150-200 Wörtern fasst die zentralen Aussagen und Ergebnisse kurz zusammen. Sowohl Titel wie Abstract müssen in deutscher und englischer Sprache vorliegen und zusammen mit dem Artikel eingereicht werden. Es gelten die Richtlinien für Autorinnen und Autoren: https://www.medienpaed.com/about/submissions#authorGuidelines.

Im Rahmen der wissenschaftlichen Transparenz ermutigen wir alle Forscherinnen und Forscher, ihre Forschungsdaten (z. B. Software, Datensätze, verwendete Fragebögen) mit der Einreichung zur Verfügung zu stellen.

Einreichung via: https://www.medienpaed.com/about/submissions.

Herausgebende Literatur

Brown, Chris. 2017. «Research learning communities: how the RLC approach enables teachers to use research to improve their practice and the benefits for students that occur as a result». Research for All, 1(2): 387–405. http://doi.org/10.18546/RFA.01.2.14.

Dobbelstein, Peter, Veronika Manitius, Michael Röder, und Jeanette Völker. 2020. «Schulaufsicht im Diskurs – zur Notwendigkeit einer intensiveren Betrachtung der schulaufsichtlichen Schnittstellenfunktion». In Unterstützung – Kooperation – Kontrolle. Educational Governance (48), herausgegeben von Esther Dominique Klein und Nina Bremm, 389 – 397. Wiesbaden: Springer VS. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28177-9_19.

Drossel, Kerstin, Melanie Heldt, und Birgit Eickelmann. 2020. «Die Implementation digitaler Medien in den Unterricht gemeinsam gestalten. Lehrer*innenbildung durch medienbezogene Kooperation». In Bildung, Schule, Digitalisierung, herausgegeben von Kaspar, Kai, Michael Becker-Mrotzek, Sandra Hofhues, Johannes König und Daniela Schmeinck, 45-50. Münster: Waxmann. https://doi.org/10.31244/9783830992462.

Eickelmann, Birgit, und Julia Gerick. 2017. «Lehren und Lernen mit digitalen Medien – Zielsetzungen, Rahmenbedingungen und Implikationen für die Schulentwicklung». In Schulmanagement Handbuch, 164 (4), 54–81. München: Oldenbourg Verlag.

Eickelmann, Birgit, Julia Gerick, und Mario Vennemann. 2019. «Unerwartet erfolgreiche Schulen im digitalen Zeitalter. Eine Analyse von Schulmerkmalen resilienter Schultypen auf Grundlage der IEA-Studie ICILS 2013». Journal for Educational Research Online (11), 118-144. http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0111-pedocs-167909.

Gräsel, Cornelia, Janine Schledjewski, und Ulrike Hartmann. 2020. «Implementation digitaler Medien als Schulentwicklungsaufgabe». Zeitschrift für Pädagogik 66(2): 208-224. https://doi.org/ 10.3262/ZP2002208.

Gräsel, Cornelia, Kathrin Fussangel, und Christian Pröbstel. 2006. «Lehrkräfte zur Kooperation anregen – eine Aufgabe für Sisyphos?». Zeitschrift für Pädagogik 52(2): 205-219.

Jungermann, Anja, Hanna Pfänder, und Nils Berkemeyer. 2018. Schulische Vernetzung in der Praxis. Wie Schulen Unterricht gemeinsam entwickeln können. Münster: Waxmann. https://www.stiftung-mercator.de/media/downloads/3_Publikationen/2018/Juli/Schulische_Vernetzung_in_der_Praxis.pdf.

Keller-Schneider, Manuela, und Stefan Albisser. 2013. «Kooperation von Lehrpersonen und die Bedeutung von individuellen und kollektiven Ressourcen». In Professionalität und Kooperation in Schulen. Beiträge zur Diskussion über Schulqualität, herausgegeben von Keller-Schneider, Manuela, Stefan Albisser, und Jochen Wissinger, 33-56. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.

Kultusministerkonferenz (KMK). 2016. «Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultus-ministerkonferenz». https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2018/Strategie_Bildung_in_der_digitalen_Welt_idF._vom_07.12.2017.pdf.

Lorenz, Ramona, Manuela Endberg, und Wilfried Bos. 2018. «Predictors of fostering students’ computer and information literacy – analysis based on a representative sample of secondary school teachers in Germany». Education and Information Technologies 24(1): 911–928. https://doi.org/10.1007/s10639-018-9809-0.

Rolff, Hans-Günter. 2016. Schulentwicklung kompakt. Modelle, Instrumente, Perspektiven. 3. Auflage. Weinheim: Beltz.

Waffner, Bettina, und Michael Kerres. 2019. «Digital School Networks: Technology integration as a joint research and development effort». In Integrating Digital Technology in Education: School-University-Community Collaboration, herausgegeben von Reardon, Robert Martin und Jack Leonard, 227-241. Charlotte, NC: IPA.